Was ein Besen mit Fischen zu tun hat

Das Fischerstüble in Großbottwar besteht seit 50 Jahren und ist damit eine der ältesten Besenwirtschaften im Kreis Ludwigsburg. Im Jubiläumsjahr will die dritte Generation nicht nur Geselligkeit spenden.

Text: Sandra Lesacher; Foto: Foto: avanti/Ralf Poller

Das Fischerstüble ist ein Besen, der diesen Charme versprüht, als wäre er schon immer da. Und das ist er gewissermaßen auch. 50 Jahre wird das Fischerstüble in Großbottwar heuer alt. Damit ist es der älteste Besen im Bottwartal – und auch einer der ältesten im ganzen Landkreis. Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Lisa Holz, Patric und Emily Lorenz sind die Macher im Fischerstüble. Die Geschwister sind die dritte Generation. Der Besen ist ihre Herzensangelegenheit, schon aus Familientradition. Trotz Job, Schule, Studium und Elternsein gehört er für sie einfach dazu. 

Die Großeltern Franz und Rosa Lorenz hatten die Besenwirtschaft 1974 eröffnet – im ehemaligen Stall auf dem Gelände der Gärtnerei an der Oberstenfelder Straße in Großbottwar. „Wenn man hier die Wände aufklopft, kommt noch Stroh und Zeitungspapier raus“, sagt Lisa Holz. 

Die Mutter der drei Geschwister, Martina Lorenz, lernte Weinbau- und Kellertechnikerin und legte damit den Grundstein für das Weingut. Sie ist inzwischen verstorben, doch die Kinder halten an der Besentradition der Familie fest. Die vierte Generation steht sozusagen schon in den Startlöchern, sagt Lisa Holz mit Blick auf ihre drei Kinder und den Nachwuchs ihres Bruders Patric. 

Doch warum haben die Großeltern ihren Besen eigentlich Fischerstüble genannt? Das Bottwartal ist ja mehr für seinen Weinbau bekannt als für seine Angel-Leidenschaft. Doch die gibt es hier. Opa Franz Lorenz war passionierter Angler und hatte das Fischrecht an der nahe gelegenen Bottwar. Seinen Fang hat er selbst geräuchert und im Besen angeboten. Noch heute gibt es freitags frisch geräucherte Forellen im Fischerstüble. Die sind nun nicht mehr selbst gefangen, aber sie kommen von gar nicht weit her: Aus den Schaubecker Teichen bei Kleinbottwar. Regionalität schreiben die Geschwister groß. 

Auch anderen kulinarischen Gepflogenheiten aus den alten Besen-Zeiten ist das Trio treu geblieben. „Ich habe die Rezepte alle von meiner Mutter übernommen“, sagt Lisa Holz. Das Sauerkraut, das mit Weißwein und Apfel abgeschmeckt ist, ebenso wie den Kartoffelsalat, von dem an einem Besen-Wochenende gut und gerne um die 100 Kilogramm verputzt werden.

Auch der schwäbische Flammkuchen hat Tradition. Der Boden stammt vom Bäcker – nach einem Rezept von Mutter und Vater. „Belegt werden die Flammkuchen so, wie sich die Gäste das wünschen“, so Lisa Holz. Klassisch mit Speck und Zwiebeln, mit Knoblauch, mit Lachs, mit Gemüse, mit Sauerkraut oder zur Saison mit Spargel. Oder – als süße Variante – mit Apfel und Zimt oder mit Schokolade.

Jetzt, im Jubiläumsjahr, gibt es noch eine Besonderheit: Für jeden bestellten Flammkuchen spendet die Familie Lorenz einen Euro an den Förderverein für krebskranke Kinder in Tübingen. „Wir wollen zu unserem runden Geburtstag etwas Gemeinnütziges tun“, sagt Patric Lorenz. Durch die Flammkuchen und das zusätzlich aufgestellte Spendenkässle im Besen sind bisher schon mehr als 700 Euro zusammengekommen. Und es soll mehr werden. Zum einen bei den weiteren Besen-Öffnungen dieses Jahr, meist drei Tage pro Monat. Zum anderen wird das Fischerstüble im Juni bei der Großbottwarer Leistungsschau dabei sein und im Juli selbst zum großen Hoffest einladen. Dann kann auch noch ein bisschen in den Erinnerungen geschwelgt werden. Über das eigene Besen-Kochbuch, das der Vater kreierte über den Maggy-Wein, der erst später unter dem Namen Acolon bekannt werden sollte . . . „Wir haben Stammkunden, die sind mit uns durch alle Höhen und Tiefen gegangen“, betont Patric Lorenz. Einer, er war damals 18 Jahre alt, berichtete kürzlich, dass er sich noch erinnert, wie der Opa damals immer mit dem Fünf-Liter-Weinkrug aus dem Keller kam. Vielleicht war darin ja ein Muskat- Trollinger. Martina Lorenz war eine der ersten, die ihn im Bottwartal anbaute.

Auch anderes erinnert an frühere Zeiten – etwa die historischen Bilder, die in ihren Goldrahmen in der Stube hängen. Es kam aber auch Neues dazu. Erst jüngst wurde zum Beispiel der frühere Weinverkauf so in den Besen integriert, dass man auch dort nun gemütlich hocken kann.

Ebenso wie draußen in der Weinlaube übrigens. Wer dort sitzt, ist umgeben von Reben – mit tollem Blick auf die Burg Lichtenberg. Außerhalb der Besen-Öffnungszeiten finden hier Hochzeiten, Geburtstage und andere Events statt. Das soll ein neues Standbein der jungen Generation werden.